BESINNLICH
HÖHENFLÜGE
so abgehoben, die da oben,
durch den aufwind
ihrer nadelstreifen-allüren,
durch den auftrieb
des renommierenden renommees
urwüchsigkeit im offline-modus,
kein netz mehr
zu hundepromenade, zu stammtisch –
zu dem waschechten,
dem greifbaren, dem so wahren
HOMO HOMINI LUPUS
seit jeher gab es sie,
die obskuranten im hinterbusch,
die taktiker im hinterzimmer,
köder gelegt & preise hochgetrieben
karten gezinkt & finten gesetzt
doch das schachbrett wird irrwitziger,
irrwitziger und verwirrwitzigter
mit den neuen templern des hochkarats,
der macht und anderer aktienkursen,
stetig auf streife, stetig auf pirsch
im revier zwischen größenwahn und wahnsinn
ja wölfisch,
immer wölfischer
heult es
aus der wolfsschlucht
**
(frei nach Titus M. Plautus 254-184 v.Chr.
„Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen (...)“
in der heutigen übertragenen Bedeutung „Der Mensch ist des Menschen Feind“)
AM ENDE DER VERGANGENHEIT ...
heute gingen wir hinter dem ersten
in still
in schwarz
die alten kumpel von einst
heute gingen wir hinter dem ersten
und die vergangenheit
kam uns entgegen
sie flackerte auf und flammte empor
so nahe und jetzt
so schier unvergänglich
und fühlte sich an
wie ohne zeit dazwischen
heute gingen wir hinter dem ersten
und die vergangenheit ---
„bis dann demnächst“
raunte sie noch zage,
entschwand
und ließ uns mit ihr allein ...
UND DAS DUELL
DUELLIERT WEITER
Was das Leben
so auf einen abfeuert,
heimtückisch
aus dem Hinterhalt!
Wie es dich
ins offene Messer laufen lässt,
ruchlos ungeschminkt!
Frage:
Warum gerade ich?
GegenAntwort:
Warum gerade ich NICHT?
Und das Duell
duelliert weiter –
jegliche Fahnenflucht
ist
Sackgasse
STATISTEN
sind einfach nur da
füllen auf -
ein stück dekor in massenszenen
als krethi angeschwemmt
als plethi fortgespült
und beim schlussapplaus
immer schon längst
abgeschminkt
TIMEOUT
So dann und wann
hör ich in die Stille,
was sie mir erzählt /
so ab und zu
schau ich die Wand an,
geradewegs vor mich hin
So ab und zu
bin ich auf Freigang,
planlos à la carte /
denn so dann und wann
ist dieses Nichts
mein Alles und mehr
ZELLENSPUK
stählern und schwer schnappt sie zu
die tür ohne klinke
hinter jemandes gewissen ...
und jener eine fatale tag
lugt
jede nacht
als mond durch das gitterfenster
-
und jener eine augenblick
erlebt sich
immer wieder
als tropfen-für-tropfen aus dem wasserhahn
und dieses eine gesicht
dieses ahnungslose
lauert
verschwommen im grau der kahlen wändei
-
und dieser eine name
dieser jäh unvergesslicher
hallt
als echo hinter jedem einzelnen gedanken
SOLITÄR
da ist nur dieser briefkasten,
nur dieser mülleimer,
ohne gesicht, ohne stimme -
einfach nur da
ein leben
rund.he.rum ab.ge.holzt
ein.ge.i.gelt
die welt ausgesperrt
stirbt sogar den tod
für niemanden,
nur bürokratisch,
datum / uhrzeit / ort / beglaubigt -
eine nummer im register
als nachruf
VON EINEM DER AUSZOG,
die Welt zu verbessern ...
Bibliotheken
Sie krümmen sich
Unter Dichtern und Denkern
Friedhöfe
Sind ausgebucht
Von Revolutionären und Avantgardisten
Doch nach der Daily Soap
Geht die Tagesschau
Tag für Tag
Zu den Tagesthemen über
DENN ICH GING DER SONNE ENTGEGEN
Und meine Pupillen sie blinzelten / zu hell war
es / so sah ich nicht die verdörrten Kontinente,
die hungernden Ausgehungerten / ach so weit
weg / sah nicht die zerbombten Städte mit ihren
Verwundeten, Geschändeten / nicht die Slums
in elendiger Verwahrlosung / zu grell war das
Licht / aber auch zwei Schritte vor mir sah ich
nicht die Stapfen der Heuchler, der Mächtigen
aller mächtigen Macht / ich ging ja der Sonne
entgegen / konnte so nicht den billigen Sherpas
folgen, den keuchend Ausgeschöpften / denn wie
betrunken war ich / hörte nicht die Selbstgeilheit
aller Raffker, die Regeln ihrer abgekarteten
Spiele / die Pupillen, sie schmerzten / ich trat
in die Fußfallen der Lobbyisten, stolperte blind
über die Spinnennetze prallvoller Kartell-Säcke /
so lichtbesoffen / und zu laut das Geläute aller
Kathedralen / zu leise das Gebet ihrer Braven,
den Gottesfürchtigen in den Fesseln der heiligen
Doktrinen und Dogmen / zu grell war das Licht /
zu ohrenbetäubend, um den Menschen zu sehen,
den Menschen, den Kern des Mittelpunktes / denn
ich ging ja, ich ging der Sonne entgegen / geblendet
GNADENTOD
auch
die letzten wehen
fragen sich
im vor-dem-nachher:
ist der hund
nur
hund
oder der mensch
immerhin
mensch
?
zur antwort
pfeife ich
auf jeden würdebegriff,
lerne
scharren und bellen –
möchte mir doch
diese pergola
zum nach-dem-vorher
in bester erinnerung
erhalten
!
IM ALLEINGANG
Knicke den letzten Ast
Die letzte Orchidee
Verscheuche den letzten Schmetterling
Das letzte Zutrauen
Knebele das letzte Lächeln
Erschieße den letzten Arlecchino
Da hisst der Weltuntergang die weiße Fahne
Und zieht sich geschlagen zurück -
Haben sie’s also doch
Von alleine geschafft
INTERMEZZO
Als Quintessentia vernebensächlichte
Kluge Worte zum Pausenclown wurden
Und Ballermännisches zum Quantensprung
Als ein À-côté universelle Fliehkraft erreichte
Aphrodite ruchloses PinUp-Girl ward
Die Defizite im Überschuss steckten
Es Friedensnobelpreise überhaupt noch geben musste ---
Ach, damals hatte ich wohl achtlos
Vor mich hin gezappt
Und war halt kurz
Im Leben gelandet
AUSGESCHIRRT UND ABGEZÄUMT
Ruheständler,
Kommst du
Zum alten Arbeitsplatz ....
neue Gesichter
neue Gespräche
neue Geselligkeiten
neue Gemüter
neue Geschicke
neue Gewebe
neue Gepflogenheiten
neue Getriebe
neue Gespanne
neue Gesinnungen
neue Gewichtungen
... und du irrst als Fremdling
In eigener Vergangenheit
GEFANGENEN-CHOR
VA, PENSIERO, SULL'ALI DORATE ...
SCHWEB' HIN, GEDANKE DU,
AUF GOLDENEN SCHWINGEN ...
Nicht auf Steinboden
Liegen wir hier
Nicht in muffigen Rattenecken
Aber eingeschlossen in Gewohnheiten
Eingekerkert in Status
Gefesselt an Was-sollen-die-Leute-denken
Angekettet an Schein
Versteinert in Maskeraden
VA, TI POSA SUI CLIVI, SUI COLLI ...
FLIEG UND LASS’ DICH NIEDER
AUF DEN HÄNGEN UND HÜGELN ...
Und dann nimm Reißaus
Kratze die Kurve
Brenne allen durch!
NIE IST MAN KLÜGER ...
... als eine Minute zu spät
Weiß diese Minute doch ganz genau
Was man gerade eben hätte erwidern können
Wie man doch hätte kontern sollen
Womit man eins hätte draufsetzen müssen
Ob gelinde oder burschikos
Hochtrabend oder bauernschlau –
Jedenfalls hinge jetzt ein Skalp mehr
Als Trophäe an deiner Wand
Doch nie ist man klüger
Als eine Minute zu spät
Und immer komme ich keuchend
Keuchend außer Atem auf den Bahnsteig
Und sehe den Zug nur noch von hinten
DAS KIND IM KINDE
Unantastbar sind der Kinder Rechte
Das Recht auf Herumalbern
Das Recht auf Schrammen, Dreck und Beulen
Das Recht auf Faulenzerei
Das Recht auf Nein-jetzt-nicht
Das Recht auf Langeweile
DAS URRECHT AUF EINFACH-NUR-SO
Doch wird diese Eintrittskarte zum Leben
Öfters schon an der Garderobe
Mitabgegeben
ÜBER DIE BAHNSCHWELLEN
Neue Züge auf alten Gleisen
Kommen nur dorthin
Wo alle schon waren –
Aber schneller
Alte Züge auf neuen Gleisen
Brauchen zwar ihre Zeit
Führen aber in ein Land
Wo Farben
Noch nicht verblasst sind
Tage
Noch nicht verlebt
Worte
Noch nicht versagt
ICH UND DIE ANDERN
Pech Desaster Unheil,
Widerfährt nur den andern -
Drama Not Schrecknis,
Gräuliches Vokabularium
Nur vom andern Ende der Welt
Traf nun so einen Andern
Einen waschechten
Einen vom andern Ende der Welt
Traf nun so einen Andern
Der stimmte mir zu,
Voller Zustimmung zu –
(Und mich überfiel
Nacktes Schweigen)
EIN JEDER BESTEHT NUR AUS SICH
Genau.
Und niemand aus einem anderen.
So ist jeder der Schlichteste
Der Rechtschaffenste
Der Alleinste
Und später einmal der Toteste
Ob Partyluder Abudabi-Scheich
Broadway-Tänzerin Hühnerdieb
Ein Jeder friert seine Kälte
Schwitzt seine Hitze
Ein Jeder erlebt in der Nacht
Nur die eine Dunkelheit
Die Dunkelheit um sich selbst
Jeder dreht
Im großen Kosmos
Als eigene Erdachse
WEIß NICHT ... EINFACH SO !
Warum hast du den Regenwurm totgetreten
Den unbeteiligten?
Er versperrte dir nicht den Weg
Weiß nicht
Einfach so
Warum hast du den Fremden angepöbelt
Den mit Ausländerakzent?
Er nahm dir kein Sonnenlicht weg
Weiß nicht
Einfach so
Warum hast du das Mädchen vergewaltigt
Das lebensfrohe?
Es wollte doch nur nach Hause
Weiß nicht
Einfach so
Warum hast du den alten Mann zusammengeschlagen
Den ehrenhaft aufrechten?
Er bewies doch nur Zivilcourage
Weiß nicht
Einfach so
Warum hab ich dieses Gedicht geschrieben
Genau eben dieses
Wo es schon Millionen andere gibt?
Warum?
Weiß nicht
Na ja ... vielleicht einfach so
ZEIT
Da schwirren sie umher
Die überschwappenden Kehlen
Der Juventas
Schrill und keck
In luftigem Blond
Nur kurz erfasst
Der Schnappschuss des Augenblickes
Ahnungslos
Die Bedächtigkeit
Die sinnige die angejahrte
Auf einem Stock -
Unscharf und stumm
Denn weit entfernt
Und doch so nah
NOCH IST ES NICHT ZU SPÄT
Noch ist es nicht zu spät
Nach den Malediven zu reisen
Um Perlen zu fischen
Noch ist es nicht zu spät
Krokusse zu pflanzen
Um die Natur zu erweitern
Noch ist es nicht zu spät
Die Wellen zu brechen
Um die Muscheln am Strand zu retten
Noch ist es nicht zu spät
Den Wind zu streicheln
Um fernes Land zu spüren
Noch ist es nicht zu spät
Die Sterne zu sammeln
Um die Unendlichkeit zu begreifen
Noch ist es nicht zu spät
Einfach nur zu lächeln
Um das MenschSein zu bewahren
Noch ist es nicht zu spät
Nach Maledivia zu reisen
SAG, WIE HAST DU'S DENN MIT DIR ?
Betrachte ich meine Goldfische
Sie schnappen sich durch das Aquarium
Ein Lebenlang
Unbedarft
Höre ich meine Papageien
Sie plappern sich durch den Tag
Ekstatisch kunterbunt
Und auch ich bin wie ich bin
Wollte auch niemals anders werden
Denn eben dieser anderen gibt es
Grob geschätzt
Schon mehr als zur Genüge
Sollte ich vielleicht eine Maske tragen
Nur der Sensations-Kür wegen?
Vielleicht Kreide fressen
Um neue Freunde zu erjagen?
Eine Rolle lernen
Um mit Rückenwind
Mich durchs Leben zu schlagen?
Ich betrachte meine Goldfische
Die Unbedarften
Ich höre meinen Papageien zu
Den Kunterbunten
Und auch ich bin nur wie ich bin
Mal so und mal so
Aber stets und immer
Wenigstens
ICH
BRUTUS, AUCH DU ?
Freundschaft
Von Blattläusen befallen
Ehemals in Stein gemeißelt
Fest verzinst
Und Pferde gestohlen
Freundschaft
In Krümeln zerbröckelt
Den Dolch, den siehst du nicht
Hörst aber weit draußen
Den Hahn
Der zum dritten Mal kräht